Die Urahnen der Kleinkatzen (felis lunensis) stromerten bereits vor gut 9 Mio. Jahren auf der Erde umher. Von Asien aus zogen sie nach Europa und Afrika. Im Laufe der Entwicklung bildeten sich verschiedene Gattungen heraus – unsere Hauskatze entstammt sowohl der Waldkatze als auch der Steppen– und der Falbkatze. Der genetische Einfluss der Falbkatze ist der wichtigste – sie ist nachweislich die Mutter aller Hauskatzen. Ja, der dicke Brummer zuhause stammt von der eleganten Wüstenkatze ab.
Ein Forscherteam der Universität Oxford um den Genetiker Carlos Driscoll hat die Gene von fast 1000 Hauskatzen aus fünf Kontinenten untersucht, mit dem Ergebnis, dass alle fünf aufgefundenen genetischen Hauptlinien allein von der Felis silvestris lybica abstammen – der Falbkatze. (Discoll, 2007). Es war also eine weiter Weg bis zur Domestizierung der Katze.

Er begann im asiatischen Mittelmeerraum hin zum Iran, dem sog. “fruchtbaren Halbmond”. (Wikipedia, 2017)

Miezekatze?

Ein erstes Indiz dafür, dass eine Katze eine besondere Stellung in einem Menschenleben hatte, ist ein Fund auf Zypern. Ein Grab, das ca. 9500 Jahre alt ist, beinhaltet das Skelett eines Menschen und das einer Katze, beide im Abstand von ca. 40 cm symmetrisch zueinander angeordnet. Das Skelett der Katze weist zwar keine besonderen Verletzungen auf. Trotzdem kann es sein, dass das Tierchen getötet wurde, um mit dem Menschen gemeinsam beigesetzt zu werden. (Vigne, 2004) Interessant ist hier, dass es keine Wildkatzen auf Zypern gab, das Tierchen also importiert war. (Leyhausen, Paul; Pfleiderer, Mircea)
Weitere Knochenfunde kleinerer Katzen zusammen mit menschlichen Knochen gibt es in Mesopotamien, Südost-Anatolien und Jordanien, alle aus der Zeit um 9000 v. Chr. Scheinbar haben es einige Katzen zu dieser Zeit bis ins Haus und in die Herzen geschafft. (Leyhausen, Paul; Pfleiderer, Mircea)

Die Mieze wird göttlich – im antiken Ägypten

Ein ideales Wirkungsfeld fand die Katze in Ägypten. Die Kultur war landwirtschaftlich geprägt und das milde Klima bekommt auch Schädlinge wie Ratten und Mäuse. Katzen konnten hier einen bedeutenden Beitrag als Schädlingsvertilger leisten. Die Ägypter dankten es dem eleganten Wesen mit groβer Sympathie und einem gottgleichen Status (Siehe Blogeintrag Bastet). Katzen waren das Totemtier der Göttin Bastet und aller weiblichen Sonnengottheiten und wurden als Symbol verehrt. Erste Abbildungen des Zusammenlebens von Katze und Mensch finden sich ab der 5. Dynastie (etwa 2600 v. Chr.). (Wikipedia, 2017)
 

Göttin, Haustier, Opfergabe?

Der antike griechische Historiker Herodot berichtet über die Ägypter, dass die Bewohner eines Haushalts, in dem eine Katze gestorben war, trauerten, sich die Augenbrauen rasierten und Trauerkleider anlegten. Die Katze wurde sorgfältig einbalsamiert und auf einem Katzenfriedhof beigesetzt (Herodot, 1828), z.B. in Bubastis. Einbalsamierte Katzen finden sich in Gräbern hoher Würdenträger, die Tierchen wurden nach dem Tod ihres Besitzers ermordet, um ihn in das Jenseits zu begleiten und dort mit ihm gemeinsam vor Gott zu treten.

figura de bastet, diosa egípcia protectora de los hogares y templos

CC BY-SA 3.0 Einsamer Schütze

Die Katze im Alten Ägypten im religiösen Umfeld

Es waren also nicht nur goldene Zeiten: Blickt man etwas genauer auf die Behandlung von Katzen in Ägypten, lebten einerseits einige Katzen gut betreut und gottähnlich, andererseits wurden Katzen als Opfergabe getötet und balsamiert. Jores und die dort zitierten Quellen geben interessanten Aufschluss (Jores, 2004). Sie unterscheiden zwischen Tempeltieren, Artgenossen und Fetischtieren: Tempeltiere lebten im Tempelinneren, wurden gottgleich verehrt und hatten eigene Priester, die sich um ihr Wohl kümmerten. Ihre Artgenossen lebten im Tempelbezirk als heilig und unverletzlich und wurden gut versorgt. Starb eine Tempelkatze, avancierte ein Artgenosse zum Tempeltier. Fetischtiere letztlich lebten in Haushalten als Haus- und Schmusetiere, allerdings mit der Absicht, den Göttern gefällig zu sein. Nach ihrem Tod wurden sie in Würden balsamiert und beigesetzt. Starb ihr Halter, sah es auch schlecht für sie aus, den sie “durften” ihn begleiten. (Wikipedia, 2017)
Bastet, die Göttin der Fruchtbarkeit, Liebe, Freude und Tanz wurde durch Opferung von Katzen gehuldigt. Teilweise wurden Katzen extra zu dem Zweck gezüchtet, um getötet und einbalsamiert zu werden. Sie wurden dann verkauft, um Bastet als Opfergabe angeboten zu werden. (Jores, 2004)
Abgesehen von diesem rituellen Kontext, lebten viele Katzen als fleißige Nagerjäger unter den Bauern. Sie haben ihren Wildtiercharakter und ihre Form bewahrt, der Mensch konnte sie nicht zweckgerecht züchten.

Die Katze im Europa der Antike

Die Griechen und Römer sahen dies eher mit Skepsis, ihnen war die Anbetung von Göttern in Tiergestalt mehr als fremd und bei Ihnen übernahmen Frettchen die Mäusejagd zuhause. Gut so, den die Ausfuhr von Katzen aus Ägypten war strengstens untersagt. Trotzdem haben findige Phönizier Katzen nach Italien, Gallien und Britannien geschmuggelt, denn es gibt archäologische Funde von Katzenknochen in Siedlungen in der Nähe von Amsterdam (ca. 2000 v. Chr.). (Wikipedia, 2017)
Erste eindeutige Darstellungen von Hauskatzen sehen wir auf griechischen Vasen aus der Zeit um 480 und 440 v. Chr. Langsam hat sich die Katze hier als eleganter Schmuser eingenistet und ist seit 300 v. Chr. bei den Römern präsent. Im 1. bis 3. Jahrhundert verbreitete sich die Hauskatze im Römischen Reich und erreichte Hildesheim-Bavenstedt nach Funden im 3–5. Jahrhundert n. Chr. und Wiesbaden-Biebrich im 6. Jahrhundert. (Wikipedia, 2017)

Die Mieze auf dem Weg nach Osten 

Auch auf dem Weg nach Osten eroberte die Mieze die Herzen der Bevölkerung zuerst als Schädlingsbekämpferin, dann als groβe Schmuserin. Von Indien aus gelangte sie erst nach China und später nach Japan. In China verjagte sie Nager von den Kokons der Seidenraupen (ca 1500 v. Chr.) und half in den Bibliotheken Chinas und Japans alte Handschriften vor den Ratten und Mäusen zu schützen.
Die Chinesen glaubten, dass nur der Mensch und die Katze eine Seele besäßen. Die Katze symbolisierte Glück und ein langes Leben und war ein Statussymbol der glücklichen Reichen. Aus der Tang-Zeit gibt es die ersten Hinweise einer liebevollen Bindung zwischen Mensch und Katze: Eine Suchanzeige lautete: „Aus dem Hause Yü Ta-Po ist ein Kätzchen entlaufen. Seine Farbe ist weiß. Sein Rufname: Schneemädchen.“ Hsü Hsüan, ein weiterer Zeitgenosse, beschrieb die Liebe eines Mannes zu seiner Katze, der das Tier so sehr liebte, dass er es nicht über sein Herz brachte, seine Samtpfote nach ihrem Tod zu begraben. Tagelang saß er neben dem toten Tier, bis der Körper der Katze in Verwesung überging. (Wikipedia, 2017)

Harte Zeiten für Individualisten – das Mittelalter in Europa

Gato pelirrojo

Noch fing alles ganz gut an: Im 10. Jahrhundert ist die Katze auf dem gesamten europäischen Kontinent und in fast ganz Asien verbreitet.
In England dagegen war sie noch rar und somit wertvoll und lebte als vornehme Gespielin adliger Damen am Hof. Nach dem Gesetz des Prinzen von Südwales anno 940 n. Chr. konnte sich eine Ansiedlung nur Dorf oder Hamlet nennen, wenn diese Siedlung neun Gebäude, einen Pflug, einen Brennofen, ein Butterfass, einen Hahn, einen Stier, einen Hirten und eine Katze aufweisen konnte.
Der Preis für eine Katze war hoch, im Sachsenspiegel, dem 1220–1230 verfassten Gesetzbuch, wurde drei Pfennige Schadensersatz für eine Katze festgelegt. Für ein Lamm oder für eine Kuh wurden vier Pfennige veranschlagt, die Mieze war somit ein teures Tierchen.
Durch den zunehmenden Europäischen Handel wurden nicht nur Waren ausgetauscht, sondern auch Vorratsschädlinge eingeschleppt. Die Populationen von Wanderratte, Hausratte und Hausmaus nahmen zu und Mieze schaffte Abhilfe. So kam es zu einer Zunahme der Katzenpopulation im Spätmittelalter.

Die Katze als Symbol der heidnischen Göttin Freya

Trotzdem war das Mittelalter keine goldene Zeit für die Katz. Mit dem Aufkommen der Inquisition im Spätmittelalter wurde sie zusammen mit anderen unabhängigen Geistern verteufelt und oft direkt mit ihren Herrchen und Frauchen auf den Scheiterhaufen geschickt. Die Katze als Symbol der Unabhängigkeit, der Schönheit, Laszivität, das Doppelleben als brave Mieze tagsüber und wilde, leidenschaftliche Streunerin nächtens verkörperte alles Übel für die Katholische Kirche. Darüber hinaus stehen Katzen in Verbindung zu der Germanischen Göttin Freya (Göttin der Schönheit, Liebe, häuslicher Tugenden und des Kindersegens). Ihr Wagen wird von Wildkatzen gezogen. Sie war immer noch eine wichtige heidnische Referenz für die Frauen im Mittelalter. Um jegliches heidnisches Gedankengut zu unterdrücken, wurde neben der abstrakten Göttin ihre realen Begleiter verteufelt und misshandelt. (Rödder & Pfleiderer, 2004). Leider haben sich abstruse Ideen und Vorurteile aus der Zeit der Inquisition bis heute gehalten.

 

Durch die Inquisition nahm die Katzenpopulation in Europa rapide ab. Die Natur selbst rächte sich, der hohe Bestand an Schädlingen, insbesondere Ratten führte zur rapiden Verbreitung von Krankheiten und trug u.a. zu den groβen Pestepidemie im 17. Jh. bei. (Rödder & Pfleiderer, 2004)
Trotz alledem gab es in Adel, Klerus und Bevölkerung Katzenfreunde die ihre Häuser und Herzen den Schnurrern offenhielten.

Die Beziehung zwischen Mensch und Katze war praktischer Natur: Mieze jagte Mäuse und schaute gelegentlich im  Haus vorbei, um sich zu wärmen – weit entfernt von einer Domestizierung. Rassekatzen (wie Angora oder Siam) kamen zufälliger Weise als Katzen aus anderen Regionen über den Handel nach Europa. Gezüchtet wurden Katzen noch nicht und etwaige Mischungen entsprangen der Passion einiger Miezen.

Cats go West – Mieze in der Neuen Welt

Vom 15. bis zum 18. Jahrhundert gelangt sie auf den Schiffen europäischer Entdecker nach Nordamerika, Australien und Neuseeland.
Katzen auf Schiffen waren bereits seit der Antike Tradition (soweit man ein Pärchen heimlich aus Ägypten geschmuggelt hatte). Sie schützen die Ladung vor Schädlingen und waren sicherlich Begleiter für die Mannschaft. (Wikipedia, 2017)
Bei den Siedlern in Amerika waren sie sehr willkommen, mussten diese doch gegen unwirtliche Umstände und jede Art von Schädlingen kämpfen. Gay Cooper erwähnt ein Beispiel einer Ladung von 100 Kätzchen, die für je 10 Cent nach San Francisco geschickt wurden. Dort bezahlte man 20 Doller für jede Mieze!

Jetzt aber: Domestizierung der Katze

Erst mit der beginnenden industriellen Revolution änderte sich der Status der Katzen als Mäusejäger zum, aktuellen Haustier.
Bis dahin hat sich die Katze selbst-domestiziert. D.h. im Gegensatz zu anderen Nutztieren, die der Mensch im Laufe seiner Entwicklung domestiziert hat (Pferd, Rind, Hund und viele mehr) und genetisch durch Zucht verändert hat blieb die Katze stets ihres wilden Ursprungs treu. Sie näherte sich dem Menschen, ursprünglich, weil es dort etwas zu holen gab.
Dies änderte sich gegen Ende des 19. Jh. Im Jahre 187 fand die erste Katzenausstellung in England statt, ihr folgten weitere in Belgien und USA. Heute verzeichnet der Deutsche Edelkatzenzüchterverband gut 50 Katzenrassen (Deutscher Edelkatzenzüchterverband, 2017)


 Ungezämte Schöne – Domestizierung revers

Trotzdem bleibt die Katze ein facettenreiches Wesen. Sie ist zwar weltweit das beliebteste Haustier und auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Aber sie ist nicht zwingend an den Menschen gebunden und es gibt eine gegenläufige Tendenz auβerhalb Europas:
In Australien, Neuseeland und auf vielen Inseln, sind Katzen so sehr verwildert, dass sie heute in keiner Beziehung zum Menschen mehr stehen. Verwilderte australische Hauskatzen zeigen eine erhebliche Anpassung an ihre neue Umwelt. Sie sind größer und muskulöser geworden und entwickeln Fellfärbungen, die im jeweiligen Habitat am günstigsten zur Tarnung sind. Diese Katzen leben in erster Linie von den in Australien eingeführten Kaninchen, aber auch von einheimischen Tieren. (Wikipedia, 2017)

Quellen:
Discoll, Carlos A. u.a.: The near eastern origin of cat domestication. Science Band 317 vom 27. Juli 2007, S.519–523

Herodot: Historien. Deutsche Gesamtausgabe, übers. von A. Horneffer, hrsg. von Hans Wilhelm Haussig. 4. Auflage, Alfred Kröner, Stuttgart 1971, ISBN 3-520-22404-6, S. 128 f

Jores, Nicola Lesley: Zur Kulturgeschichte der Hauskatze unter besonderer Berücksichtigung ihrer Erkrankungen, Diss. FH Berlin 2004, http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000001518

Leyhausen, Paul /Pfleiderer, Mircea: Katzenseelen, Stuttgart 1996, ISBN-3-440-05843-3

Jaromir, Malek: The Cat in Ancient Egypt. London 1993, ISBN 0-7141-0969-X, S. 133

Rödder, Birgit / Pfleiderer, Mircea: Was Katzen wirklich wollen, Gräfe und Unzer, 2014, ISBN-10: 3833839457

Lothar Störk, in: Lexikon der Ägyptologie III. Stichwort Katze. Otto Harrassowitz Verlag Wiesbaden 1980, S. 367–368.

Vigne, Jean Denis, u.a.: Early Taming of the Cat in Cyprus, Science Ed. 304, S. 259, http://science.sciencemag.org/content/304/5668/259

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Hauskatze

Author Sylvia Lucas

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